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Fiesta Autor: Ernest Hemingway

Verlag: Rowohlt Verlag

Sonstiges: Übersetzt von Werner Schmitz

Seitenzahl: 320 Seiten

  • Preisca. 20 €

Fiesta

Hemingway in Höchstform – Die Übersetzung des Erstlings im neuen Gewand

Eine große Stierkampfarena, zwei der besten Plätze reserviert. Davor ein Forellenbach. In der Stadt zwei Häuser: Eines für die geliebte Ehefrau und die Kinder; das andere mit 9 Etagen schöner Mätressen bestückt. So beschrieb der bekennende Katholik Ernest Hemingway seinem Freund Francis Scott Fitzgerald sein persönliches Paradies in einem Brief aus Burguette im spanischen Baskenland im Sommer 1925. Einige Wochen später sollte der Autor mit der Niederschrift eines Romans über seine Reise zur Fiesta in Pamplona beginnen. Als eine verdammt traurige Geschichte würde er später diesen Roman charakterisieren, in dem die Menschen zugrunde gehen. Der erste Roman, an den sich Ernest Hemingway wagte, handelt von dem Fluchtversuch dreier Männer aus einer oberflächlichen, snobistischen Pariser Gesellschaft der Zwanziger Jahre. Alle drei stehen irgendwie am Rande der Existenz. Der Erzähler ist seit einer Verletzung aus dem Ersten Weltkrieg impotent; seine Freunde sind ein ständig betrunkener Mann im besten Alter und ein amerikanischer Jude. Sie wollen rauskommen, raus in das bäurische Baskenland, wo sie in aller Seelenruhe angeln können, wo sie der Gefahr ins Auge schauen, wenn sie bei einer Fiesta vor den Stieren davonlaufen und anschließend in der Arena beobachten, wie diese Stiere von den todesmutigen Toreros in einem exakten, traditionellen, ritualisierten Ablauf getötet werden; raus, wo sie den ganzen Tag starke Drinks und Wein aus Schläuchen schlürfen: Eine echt männliche, hemingway‘sche Utopie, Entwurf eines freien Lebens. Wäre da nicht noch die wunderschöne, aber ebenso gefährliche Lady Brett Ashley, die sich zusammen mit ihrem Protegé (Beschützer) und künftigen Ehemann der Gruppe anschließt. Das sorgt natürlich für Neid und Stunk. Und dann ist da auch noch der junge Stierkämpfer, an den sich die Lady mit allen Mitteln ranschmeißt… Im Juli erschien nun die Neuübersetzung des Klassikers der „lost generation“ im Hause Rowohlt, die wie zuvor „Paris. Ein Fest fürs Leben“ und „Der alte Mann und das Meer“ von Werner Schmitz einwandfrei vorgelegt wurde. Seine Übersetzung ist zeitgemäßer als die von Annemarie Horschitz-Horst; sie ist sauber, weil stilecht. Bei der Lektüre des gefällig aufbereiteten Rowohlt-Bandes macht man wirklich nichts verkehrt. Doch sollte man nicht, wie es einige Rezensenten eifrig praktizierten, in begeisterte Lobdudelei verfallen. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass man bei einer Übersetzung von Hemingway nicht viel verkehrt machen kann. Sein Stil ist schlicht und prägnant und bedarf keiner prosaischen Umdeutungen. Hemingway zu übersetzen bedeutet, sein Handwerk zu beherrschen. Und Werner Schmitz beweist in der Übersetzung sein Handwerksgeschick. Der Verlag indes versäumte es, der neuen Übersetzung zeitgemäße Anmerkungen hinzuzufügen, ohne die viele Fragen offen bleiben. Wie autobiografisch war der Roman? Wie kann man seine in unserem Verständnis antisemitischen Sentenzen verstehen? Die Forschung der letzten Jahre hat auf diese Fragen vielschichtige Antworten gefunden und darüber hinaus ein unveröffentlichtes Ende. Es wird die Aufgabe kommender Verleger sein, Fragen und Antworten in einem Buch zu vereinen. Die Neuübersetzung ist sicherlich ein ambitioniertes Projekt mit Lücken. Aber gerade das mag einen Reiz haben: Der Klassiker erscheint ungetrübt, vom Staub der Forschung gereinigt, als wäre er gerade erschienen. Wir können ihn lesen, wie man ihn 1926 gelesen hat. Nur 87 Jahre später.

Johannes Bolte


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